Psychotherapie – worum es eigentlich geht, ist Verbindung
Meine Patienten und Klienten sagen mir, dass „Verbindung“ mein Lieblingswort ist. In der Tat, ich frage meine Klienten immer wieder, wie sie die Verbindung zwischen uns, hier in der Therapie, erleben, wie sie die Fortschritte in unserer Verbindung im Verlauf sehen.
Verbindung ist wie ein Ankommen bei sich selbst
Verbindung – das kann jeder, wenn es soweit ist, unmittelbar spüren – ist ein Raum, in dem es einfach gut ist. Je mehr davon zu spüren ist, je mehr jeder davon da sein lässt, desto heilsamer ist der Prozess in der Therapie. Und dann und wann kommt es zu Momenten, da spüren der Klient (oder die Gruppe) und ich, wie eine sehr schöne, eine unmittelbare Verbindung entsteht. Dann ist alles gut, sogar wenn weiter eine tödliche Erkrankung das Leben bedroht oder andere Umstände das Dasein belasten. Das kann ich ganz konkret im Gespräch erfragen, und immer kommt die Antwort: Jetzt gerade ist alles in Ordnung. Es fühlt sich an wie ein Heimkommen, ein Ankommen bei sich selbst. Wir genießen diese Momente und tun sonst nichts. Es entfaltet sich Heilung. Das würde ich das Ziel von Psychotherapie nennen.
Verbindung wird nicht gemacht, sondern entsteht, wenn wir sie nicht verhindern
Ich könnte gar nicht sagen, dass ich oder die andere die Verbindung machen. Eher lassen wir die Hemmnisse, die dagegen stehen, beiseite. Das gelingt mit unterschiedlichem Erfolg. Ein paar Dinge weiß ich schon: Machen und Tun sind häufig Versuche, Verbindung zu unterbinden. Viel Sprechen über alles mögliche gehört auch dazu, Kontakt zu verhindern. Dann fordere ich eher dazu auf, wahrzunehmen, was im Körper, im Gefühl ist. Ich selbst tue das Gleiche und nehme genau wahr. Meist kann ich das, was die Klientin bei sich spürt, bei mir selbst körperlich spüren. Ich teile das mit, und schon lässt sich wieder etwas mehr Verbindung fühlen.
Verbindung scheint Angst zu machen?
Vor wenig haben Menschen so viel Angst, wie vor einer Verbindung, vor einem Herzenskontakt. Und wenig brauchen die Menschen so sehr. Menschen, die zu mir kommen, leiden unter seelischen Beeinträchtigungen oder auch unter körperlichen Beschwerden, die seelische Beeinträchtigungen mit sich bringen oder als Voraussetzung haben. Alle, ohne Ausnahme, haben Ängste vor Kontakt und Verbindung. Oberflächlich mögen sie Kontakte und Beziehungen eingehen. Aber später in der Therapie wird dann klar, dass sie sich aus vielfältigen Gründen vor einer Verbindung schützen, was viele leidvolle Folgen hat: Ängste, Depressionen, psychosomatische Erkrankungen usw..
Psychotherapie ist ein Raum, Verbindung nachzuspüren
Psychotherapie ist dann ein Weg, sich auf eine Verbindung und einen Herzenskontakt einzulassen. Oft müssen wir uns in der Therapie behutsam durch viele Schichten voran arbeiten. Zum Glück stellt sich nach vielen einzelnen (Fort-)Schritten, so schmerzhaft sie auch sind, immer wieder ein Gefühl von Erleichterung ein, das Kraft und Mut gibt, weiter daran zu arbeiten. Diese Schichten sind meist leicht zu verstehen als Folge von und Schutz gegen Verletzungen, Missbrauch, Einsamkeit, Trauer und Verlassenheit. Deswegen macht die Verbindung Angst, denn sie braucht eine Lockerung im Schutzmantel, damit der Kontakt gelingen kann. Viele Psycho-Techniken haben ihren Wert in dieser Lockerung. Aber ohne eine spürbare Verbindung, ohne ein menschliches Gegenüber, sind die meisten Techniken recht wertlos und werden zu weiteren Werkzeugen, seine Schutzschicht zu festigen.
Verbindung nicht nur in der Therapie
Wenn in der Therapie ein Herzenskontakt entsteht, dann kann er auch in anderen Beziehungen entstehen. So ist ein Klient unabhängig von der Therapie. Therapie ist dann ein Übungsfeld für das Alltagsleben. Meist ist schon die Erfahrung von einer solchen Verbindung Motivation genug, sie auch in anderen Bereichen zu suchen. Ich ermutige dazu. Meine Aufgabe sehe ich dann als ein Gegenüber, mit dem noch weiter erforscht und geübt werden kann, Kontakthindernisse zu entfernen.