Das Kinderlied
„Hänschen-klein ging allein in die weite Welt hinein. Stock und Hut steh’n ihm gut. Hans ist wohlgemut. Aber Mama weinte sehr. Hat ja nun kein Hänschen mehr. Da besinnt sich das Kind und kehrt heim geschwind“
ist eine schöne Beschreibung eines oft vorkommenden Syndroms bei Erwachsenen.
Eigentlich lebt es sich in der Autonomie des eigenen Seins sehr schön. Man ist erwachsen, der Hans. Dann aber wird man -schwups- wieder zum Kind, indem man der mütterlichen (oder auch der väterlichen) Emotion abhelfen will und dafür die Autonomie wieder preis gibt. Es der Mama oder den Eltern recht machen wollen: das ist wirklich weit verbreitet! Die meisten Menschen, mit denen ich arbeite, sind ganz schön sensibel für die Empfindungen ihrer Eltern. Und auch der Preis des Autonomieverlustes wird oft bezahlt.
In Beziehungen passiert etwas ähnliches. Dem Partner bestimmte Gefühle ersparen zu wollen, ist ebenfalls weit verbreitet. Auch hier wird oft Autonomie aufgegeben – mit allen Folgen von Schmerz, Wut oder Depression und später Beziehungsende.
Autonomie würde bedeuten, der Mama im Lied ihre Tränen zu lassen. Viele von uns Eltern kennen den Schmerz, den wir haben, wenn die Kinder das Haus verlassen, vor allem, wenn die Kinder dann schwierige Erfahrungen machen. Andererseits wollen wir aber die Kinder nicht daran hindern, ihr Leben zu leben und ihre Erfahrungen zu machen. Für uns ist es gut und angemessen, einen Schmerz zu spüren und ihn dann allmählich zu bewältigen. Unsere Kinder und wir als Kinder unserer Eltern sind nicht verantwortlich für den Schmerz der Eltern, der mit unserer Autonomie einhergeht. Den Schmerz überlassen wir besser den Eltern. Dann müssen wir weder zurückkehren noch in einer Fundamentalopposition verharren und können mit den Ansprüchen und Forderungen der Eltern auch autonom umgehen.
Parallel könnte die Entwicklung in Partnerschaften sein. Vielleicht müssen wir auch hier dem Partner und uns unsere (unterschiedlichen?) Entwicklungen zumuten.