Vor ein paar Wochen analysierte ein Mann in einer Sitzung sein Dilemma so: „Ich bin eifersüchtig. Die Eifersucht ist so heftig, dass ich einiges tue, was nicht gut ist. Wenn zum Beispiel in ihrer Abwesenheit Nachrichten auf dem Handy meiner Partnerin aufpoppen, sehe ich sie mir an, obwohl wir eine andere Absprache haben. Ich habe so herausgefunden, dass sie sich gerne mit ihrem besten Freund treffen würde, sich aber wegen meiner Eifersucht nicht traut, mir das zu sagen. Nun habe ich Angst, dass sie sich deswegen heimlich mit ihm treffen möchte. Ich weiß und glaube ihr, dass sie mit ihm keine Beziehung anfangen, sondern einfach nur eine Freundschaft pflegen will. Nun wäre ich gerne ehrlich mit ihr, aber ich kann ihr einfach nicht offenbaren, dass ich hinter ihr her spioniert habe. Sie kennt meine Eifersucht und will die Kontrolle nicht tolerieren. Und das ist ja auch gut so. Wir haben viel Streit. Sie sagt, wenn das so weiter geht, dann trennt sie sich. Ich kann das verstehen.“
So führt die Eifersucht, die Angst vor dem Verlust der Beziehung, gerade zum Verlust der Beziehung.
Es ist gar nicht selten, dass die Mittel, die man anwendet, um etwas zu verhindern, genau zu dem führen, was man zu verhindern sucht.
Der Mann ist nicht in der Lage, per Entscheidung seine Verlassenheitsangst und Eifersucht abzulegen. Niemand kann Gefühle einfach so verändern, nur weil er will. Er ist aber entschlossen, etwas dazuzulernen. Dafür ist er bereit, einiges einzusetzen.
Wir haben folgendes erarbeitet: Er solle zu seiner Partnerin gehen und ihr sagen, dass er eifersüchtig sei (was sie sowieso weiß). Weil das die Beziehung, an der ihm so viel liege, kaputt mache, wolle er etwas ändern, und er bitte sie, ihm zu helfen, mit seiner Verlassenheitsangst besser klar zu kommen. Sie solle sich bitte treffen, mit wem sie wolle. Es wäre schön, wenn sie es ihm sage, ohne ihm aus Angst vor seiner Reaktion etwas zu verheimlichen. So könne er üben. Er sei sich darüber bewusst, wie viel er da von ihr verlange. Denn klar tue es ihm weh, wenn er von einem Treffen erfahre, denn noch habe sich an der Eifersucht ja nichts geändert. Und das Gefühl sehe sie ja in seinem Gesicht, was ganz schön schwierig für sie sei. Aber wenn er diesen Schmerz vermeide, werde es sicher nicht besser. Er müsse sich damit konfrontieren. Sie könne ihm am besten helfen, wenn sie keine Rücksicht auf seine Eifersucht nehme, sondern frei ihr Leben lebe, das sie neben der Beziehung leben wolle. So könne die Beziehung dann auch gut werden.
Ich habe ihm noch mitgeteilt, dass er ihr all das aber nur sagen könne, wenn er es wirklich auch so meine und dahinter stehe, sonst solle er das lieber nicht tun!
In einer nächsten Sitzung berichtete er, dass er es seiner Partnerin „so ähnlich“ wie erarbeitet gesagt habe. Sie habe es mit Skepsis aufgenommen und gezweifelt, dass er das wirklich ernst meine. Aber offensichtlich habe dieses Gespräch sie ermutigt, von ihm zu verlangen, dass er seine Kontrollanrufe beende und somit ihren Wunsch respektiere, zum Beispiel zu bestimmten Zeiten nicht angerufen zu werden.
Er konnte das einsehen und dankte ihr, nachdem er eine Weile mit seinem Schmerz gekämpft hatte, für ihre Klarheit, und dass sie ihn unterstützte. In den Tagen danach sei die Beziehung dann sehr schön und harmonisch geworden.
Ich beglückwünschte ihn zu seinem mutigen Vorgehen und sagte ihm, er müsse sicher mit noch manchem Schmerz rechnen. Es gäbe noch viele Gelegenheiten zu üben. Alle Gelegenheiten mit Eifersucht und Verlassenheitsangst könne er weiter für sich nutzen. So würde er die von ihm gewünschte Entwicklung gut unterstützen, was leicht zu beobachten sei. Er könne seiner Freundin dankbar sein für ihre Hilfe, was er ihr noch einmal sagen solle, und er könne stolz sein auf seine eigenen Schritte, was er sich selbst vor Augen halten solle. Sogar wenn die Beziehung auseinander gehe, könne ihm das, was er gerade lerne, keiner mehr nehmen. Er solle seine zunehmende innere Freiheit und Toleranz genießen.