Ein meditativer Ansatz der Veränderung
In der Psychotherapie geht es um Veränderung. Jedenfalls meistens. Denn meine Klienten kommen mit Symptomen, unter denen sie leiden. Sie würden sonst nicht bei mir aufkreuzen. Nur gelegentlich kommt jemand, der nichts verändern will, sondern lediglich klagen mag, und ein Gegenüber sucht, das die Klagen entgegen nimmt. Das ist z.B. der Fall, wenn sich jemand berenten lassen will oder einfach nur eine Krankschreibung braucht.
Veränderung durch Beobachten: körperlich….
Aber zurück zur Veränderung, um die es in der Psychotherapie geht. Wie geschieht Veränderung? Wie kann sie gemacht werden?
Manchmal erzähle ich von einem interessanten Phänomen, das gut beschreibt, wie es zu Veränderung kommt. Das Phänomen, das ich beobachte, ist folgendes: Es ist sehr schwer, etwas nicht zu verändern, das ich als störend wahr genommen habe.
Ein Beispiel dafür? Stell Dir vor, Du bemerkst gerade, dass Dein Fuss eingeschlafen ist. Kannst Du die Stellung Deiner Beine unverändert beibehalten, sobald Dir ins Bewusstsein gekommen ist, dass der Fuss eingeschlafen ist? Wenn Du es nicht bemerkst, weil Du z.B. durch das Endspiel der Fussballweltmeisterschaft völlig absorbiert bist, ist es leicht, die Beinstellung nicht zu ändern. Aber sobald Du es bemerkst? Du musst einfach die Beine bewegen und Dir so Erleichterung verschaffen!
…. und psychisch!
So ist es auch mit psychischen oder Verhaltens-Phänomenen. Es reicht, sie zu bemerken. Wenn sie stimmig sind, bleiben sie, wenn sie nicht stimmig sind, verändern sie sich.
Versuche einmal z.B. Trotz wahr zu nehmen, während er sich in Dir aufbaut. Du nimmst Deine Wut wahr, auch die Traurigkeit. Dann nimmst Du wahr, wie Du etwas tust, was Dir selbst Schmerzen zufügt. Du wendest Dich z.B. ab, obwohl Dein Bedürfnis ist, sich dem Partner zuzuwenden. Dann beobachtest Du also den Schmerz, der entsteht, weil Du Dich abwendest. Vielleicht nimmst Du den Triumph wahr, der entsteht, wenn Du siehst, dass der Partner auch leidet: Geschieht ihm recht! Dann nimmst Du wieder den eigenen Schmerz wahr. Wenn alles so stimmig ist, bleibst Du dabei. Nichts ändert sich. Wenn aber etwas nicht stimmig ist, wenn Du z.B. fest stellst, dass sich Dein Schmerz nicht mehr gut anfühlt, oder wenn Du Dich selbst kindisch fühlst und darüber sogar schmunzeln musst, wie man so kindisch sein kann, wenn dann der Trotz nicht mehr stimmig ist, dann ändert er sich, und Du kannst zu einer anderen Haltung finden. Du wendest Dich z.B. dem Partner zu.
Ich kann mich noch genau an die Situation vor vielen Jahren erinnern, in der ich das bewusst bei mir erlebte. Der Trotz ist in der gleichen Sekunde verschwunden und spielt in meinem Leben keine Rolle mehr.
Es ist wie Meditation
Ich nenne das einen meditativen Weg der Veränderung. Bei der Meditation geht es nämlich auch um das Sehen dessen, was ist, und es erweist sich auch hier, dass das bleibt, was stimmig ist und passt, und dass verschwindet, was nicht richtig ist.
Es braucht Übung und Mut, genau hin zu sehen. Wir tun das in der Psychotherapie, wo wir uns ermutigen, hin zu sehen, uns dabei unterstützen und helfen, ohne uns gegenseitig anzuklagen. Es ist berührend zu erleben, wie das in den Gruppen geschieht, wo alle sehen können, dass wir im gleichen Boot sitzen.