Überforderung ist kein Gefühl, sondern die Weise, wie man mit sich umgeht.
Was fühlt man, wenn man sagt: „Ich fühle mich überfordert? Ich bin überfordert?“
Auf der körperlichen Ebene könnten da Wahrnehmungen von Anspannung sein. Vielleicht eine innere Unruhe, oder auch eine Versteinerung. Da kann auch ein Bewegungsimpuls sein: „Ich gehe jetzt!“
Auf der emotionalen Ebene kann man Wut und Traurigkeit wahrnehmen, die wegen der Überforderung auftauchen. Oder aber als Emotionen, die erst zur Überforderung führen.
Wie auch immer sich das Erleben für den Einzelnen gestaltet: Ohne ein eigenes Zutun kann es nicht zur Überforderung kommen. Die Überforderung findet erst statt, wenn ich sie mir zu eigen mache.
Ein Beispiel: Ich tanze gerne. Im Tanzkurs tue ich mich des öfteren schwer mit den Bewegungsabfolgen. Oder anders gesagt: ich brauche üblicherweise etwas mehr Zeit, um die Choreografien zu lernen, als vom Tanzlehrer eingeplant.
Neulich also fühlte ich mich mal wieder überfordert.
Aber was genau lief da ab? Wenn ich mich erforsche, erkenne ich eine starke Prise „Ich will, dass es klappt“ und ein ordentliches Stück „Ich bin einfach ein Bewegungstrampel“ garniert mit Beilagen von „Die anderen bekommen es aber viel besser hin“ und „Das muss jetzt aber zack-zack gelingen!“ und ähnliches mehr. Jede Menge Selbstgespräche mit einer bunten Fülle an Ansprüchen, Vergleichen, Unfreundlichkeiten und Abwertungen in eigener Sache. Ein innerer Dialog der Überforderung eben.
Hat mich der Tanzlehrer überfordert? So betrachtet nicht.
Aber halt: er macht doch das Tempo, oder? Aber selbst wenn einer ein Tempo angibt: wer entscheidet, genauso schnell mitzurennen?
Wer also hat mich überfordert, wenn nicht ich mich selbst?
Puh, schon wieder bin ich bei einer radikalen Selbstverantwortung gelandet (die ich liebe und fürchte, und die mich nun tatsächlich doch ebenfalls schon wieder überfordert …. oder?), die nur den Schluss zulässt: Am besten gehe ich selbst besser mit mir um!
Wäre es nicht eine gelungene Beratung oder Therapie, wenn man gemeinsam erarbeiten könnte, wie man Spezialist in freundlichem oder gar liebevollem Umgang mit sich selbst sein kann? Freundlich auf der Ebene des inneren Dialogs, herzlich mit sich auf der Ebene des Körpers?
Die guten Gefühle folgen genau diesem Umgang mit sich selbst. Es braucht wohl normalerweise Zeit und Geduld, sich für sich selbst der beste Freund zu werden, immer mehr und immer gelassener.
Beim Tanzen kann ich von Mal zu Mal humorvoller mit mir umgehen. Mit den anderen und dem Tanzlehrer kann ich über meine Art, tanzen zu lernen, lachen, und ich schmunzle über den alten Dialog, der sich manchmal wie ein ausgeleiertes Tonband immer wieder mal in den Vordergrund drängt.