„Wir sollten nach innen schauen, um unsere verborgene Angst vor der Unsicherheit unserer Existenz auf diesem Planeten aufzudecken, sie anzuschauen und zu lernen, mit Ungewissheit zu leben, anstatt zu versuchen, den Verlauf unseres Lebens zu kontrollieren.“ (David Berceli, „Körperübungen für die Traumaheilung“)
Der international renommierte Trauma-Spezialist David Berceli wendet sich gegen Kontrollillusionen, die möglicherweise im Alltag harmlos sein können, uns aber im Falle von Schicksalschlägen unvorbereitet sein lassen.
Kontrolle und Angst gehören eng zusammen. Wenn ich mit Patienten mit Ängsten spreche, kann ich immer die Versuche von Kontrolle sehen: Vermeidungen (z.B. einfach nicht mehr in den Aufzug zu gehen), Rituale (z.B. ganz häufig die Hände zu waschen oder den Herd zu kontrollieren) und enge Regeln (z.B. was die Kinder oder der Partner dürfen oder nicht).
Es scheint eine recht einfache Gleichung zu gelten: je mehr Kontrolle, desto mehr Angst! Und da man der Angst nur Kontrolle entgegenzusetzen hat – kommt es zum Teufelskreis mit mehr Angst! Es ist ganz offensichtlich sehr schwer, die Ungewissheit und die Zerbrechlichkeit des Lebens auszuhalten – und ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe wie viele Menschen meine eigenen sehr schwierigen Erfahrungen damit gemacht.
Nach meiner Erfahrung hat Berceli recht: es geht darum, mit der Unsicherheit zu leben. Dazu ist es gut, alle Gefühle, die auftauchen, zu spüren: Traurigkeit oder Wut oder ein Lost-Gefühl oder was immer. Dann kann es zu einer Haltung kommen: „Okay, das ist jetzt so, ich kann das so sehen und anerkennen. Jetzt lebe ich damit und gehe damit um.“ Also im Fluss bleiben. Im Äußersten ist das Hingabe an den Lauf des Lebens. Nichts wegmachen – und nichts machen. Das ist das Prinzip des WuWei. Gar nicht so einfach zu praktizieren, aber es führt zu einer tiefen Entspannung und Ruhe.