Kann man etwas wollen, was man nicht kennt? Kann man sich für etwas entscheiden, was man nicht kennt? Hier gibt’s eine Lösung für „Ich-weiß-nicht-Probleme“!
Immer wieder beklagen sich Patienten bei mir, dass sie nicht wüssten, was sie wollten. Ich frage: „Du stehst in einer japanischen Bäckerei in Kyoto und kennst keine der fremden Speisen: kannst Du wissen, was Du willst?“ Die Antwort lautet wie leicht zu erraten: „Nein.“
„Wie findest Du dann heraus, was Du willst?“
Wie findest Du heraus, was du willst?
Das ist die Schlüsselfrage, die beim Beklagen darüber, dass man nicht weiß, was man will, unbedingt gestellt werden muss. Sie ist einfach und wird meist übersehen: Wie finde ich das heraus? Sie hilft auch bei anderen Ich-weiß-nicht-Problemen: Ich weiß nicht, was mir gut tut – wie finde ich es heraus? Ich weiß nicht, ob dieser Partner zu mir passt – wie finde ich das heraus? usw.
Ausprobieren!
Sehr häufig ist die Antwort völlig klar: „Ich muss es probieren“. Das führt dann zum Erforschen, in ganz praktischer Weise.
Man kann ja nur wissen, was man will, wenn man es schon kennt. Das was man kennt, kennt man aus Erfahrungen in der Vergangenheit. Wenn aber im Erfahrungsschatz nichts zu finden ist, was man will, ist die Frage nach dem Wollen nicht mit den eigenen Gedanken zu lösen. Sonst hätte man das Problem nicht. Sonst würde man nicht fragen, was man will.
Man kann nicht entscheiden, was man will
Man kann auch nicht entscheiden, was man will. Man kann Impulse erleben, die spontan entstehen, und ihnen folgen oder sie kontrollieren. Wenn ich jemandem ein Kissen in Richtung Brille im Gesicht werfe, ist es keine Entscheidung, dass man sich schützt. Man macht das einfach, man fängt spontan das Kissen ab. Es ist eine impulshafte Bewegung jenseits vom Wollen – auch wenn das Ergebnis des Schutzes sicherlich gewünscht wird. Das Denken kommt aber danach.
Spontane Impulse
Wir können Impulse, die spontan auftauchen, kontrollieren. Ich habe als Vater den Impuls meiner Tochter, spontan auf die Katze zuzulaufen, kontrolliert, also mit Gewalt die spontane Handlung unterbunden. Denn die Katze war auf der anderen Straßenseite, und dazwischen fuhren auf 4 Spuren Autos. Einen Impuls können wir nicht herstellen. Wollen können wir auch nicht herstellen. Wollen kann man nicht wollen.
Die Falle der „richtigen“ Entscheidung
Auch die Frage nach der richtigen Entscheidung (und wer will sich nicht richtig entscheiden??) ist eine Falle, weil ich schon vorher wissen will, was später dabei herauskommt. Ich will vorher wissen, was beim Ausprobieren entsteht. Ich will diese Frage wieder mit dem Kopf und durch Denken lösen – was aber nicht klappt. Dieses Vorgehen führt nur zu unverrückbaren Hemmnissen und Stillstand, zu Ambivalenzen und Grübeln ohne Lösung.
Nicht zurückrudern können, aber unendlich viele Möglichkeiten vor sich
„Aber manche Sachen kann man nicht einfach ausprobieren, man kann sie ja nicht rückgängig machen – wenn ich ein Kind bekomme z.B.“ Es stimmt, hier gibt es keinen Weg zurück. Aber den gibt es nie. Ich kann nach einem Umzug und kurzen Aufenthalt in Berlin nicht in die gleiche Stadt zurückziehen, denn die Stadt ist mittlerweile eine andere geworden. Niemand steigt zweimal in denselben Fluss.
Doch von dem Punkt, an dem ich jetzt und jeweils stehe, streben unendlich viele Linien weg, unendlich viele Möglichkeiten, die jeweils wieder unendlich viele Möglichkeiten an unzähligen weiteren Punkten erzeugen. Viel mehr als ich je ausprobieren könnte. Man kann lediglich nie wieder zurück, aber der Raum der Möglichkeiten ist unbegrenzt.